Unter dem Arbeitstitel „Gesichter des Widerstands“ erstellte der Fotograf Miguel Löhmann (https://www.instagram.com/migs_mag/) im Dezember 2020 die folgende Portraitserie. Zu sehen sind einige Aktivist:innen die zu dieser Zeit im Dannenröder Wald aktiv waren und deren persönliche Beweggründe. Siehe auch Berichterstattung der Zeit.

ICH WERDE MEIN ZELT WIEDER AUFBAUEN

Das Wald statt Asphalt Camp bleibt weiterhin bestehen, nach dem Jahreswechsel werde ich dort wieder mein Zelt aufbauen, um weiterzumachen. Mit unserem Protest trafen wir mitten ins Herz einer veralteten autozentrierten Politik, die sich eingestehen muss, dass eine Autobahn durch einen gesunden Mischwald der falsche Weg ist, die Klimaziele einzuhalten. Es ist bedrückend, die gerodete Trasse im Wald zu sehen, aber wir haben den Danni zum Symbol der Mobilitätswende gemacht und so habe ich Hoffnung, dass der Protest auf lange Sicht hin wirksam sein wird.

Cord, 24 Jahre Der Medieninformatikstudent kümmerte sich um die Gestaltung von Flyern, Stickern und die Social Media Accounts

ICH WERDE HIERBLEIBEN

Noch ist die Autobahn nicht gebaut und selbst wenn sie gebaut wird, haben wir ein Zeichen gesetzt, das hoffentlich einen Einfluss auf andere Projekte dieser Art hat. Dennoch bin ich wütend und enttäuscht über die unwiederbringliche Zerstörung meines Zuhauses für eine sinnlose Autobahn. Ich werde hierbleiben.

Zitrone, 21 Jahre Ist seit Beginn ist er Teil des Widerstands im Danni.

DIE BRUTALITÄT DER POLIZEI WAR FURCHTEINFLÖSSEND

Ich war von dem Protest schockiert. Es hat mehrere Tage gedauert, um diese Bilder zu verarbeiten. Die Präsenz und Brutalität der Polizei vor Ort war einfach furchteinflößend und unmenschlich. Das schlimmste Bild für mich war, als ein Polizist eine Pfefferspray-Ladung in eine Menschenmenge geschossen hat. Ich sah, wie ein junges Paar aus dieser Menge herausbrach und sich vor Schmerzen windend versuchte, mit Wasser das Pfefferspray aus den Augen zu waschen. Ich bin wütend, aber vor allem enttäuscht. Und zwar nicht nur von dem, was dort im Dannenröder Forst passiert ist, sondern auch von der Bundesregierung, die so etwas zulässt.

Moose, 27 Jahre Beginnt bald eine Ausbildung zum Wald- und Wildnispädagogen, um andere Menschen für den Wald zu begeistern.

JEDER MENSCH, DER SICH DAMIT BESCHÄFTIGT, IST EIN GEWINN

Für mich ist der Protest ein Erfolg. Jeder Bericht, jeder Mensch, der sich mit dem Dannenröder Forst und unserem Klimaprotest beschäftigt, ist ein Gewinn. Allein sind wir zu schwach, wir brauchen alle Menschen, die noch eine Zukunft haben wollen, an unserer Seite. Im Wald zu sitzen und zu wissen, dass diese Bäume so lange gewachsen sind und jetzt für ein solches Projekt sterben mussten, hat mich fassungslos gemacht. Dieses Gefühl nutze ich als Antrieb. Zu meiner Angst mischt sich auch Hoffnung, weil unsere Bewegung stetig wächst.

Barbara, 23 Jahre Sie ist Aktivistin bei Fridays for Future und begann mit 14 Jahren sich für Tierschutz zu engagieren.

AUFGEBEN IST KEINE OPTION!

Als ich in den Wald kam, stand nur noch das letzte Barrio. Überall waren Grabkerzen auf den Baumstümpfen und die müden Gesichter der Aktivistinnen und Aktivisten spiegelten ihre Trauer wider – über den verwundeten Wald und die gewaltsame Durchsetzung eines völlig veralteten Verkehrsplans. Auch wenn viel Wut und Enttäuschung in mir sind, weiß ich, dass Aufgeben keine Option ist! Es gibt noch viele andere bedrohte Wälder, die wir schützen müssen, und das Ende vom Danni ist auch ein neuer Anfang.

Lucy, 21 Jahre Die Aktivistin reiste erst zum Ende der Rodungsarbeiten in den Dannenröder Forst.

ICH WAR TEIL EINER GELEBTEN UTOPIE

Ich finde es bedauerlich, dass sich vorrangig auf die wenigen, jedoch existierenden Gewalttakte fokussiert und dadurch eine mehrheitlich friedliche, bunte und kreative Protestbewegung überschattet wurde. Dies hat davon abgelenkt, dass wir alle vor großen sozialen und ökologischen Herausforderungen stehen, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Heute habe ich gemischte Gefühle. Einerseits bin ich traurig darüber, dass letztendlich eine gesellschaftliche Utopie einer kapitalistischen Dystopie weichen musste. Andererseits bin ich dankbar, dass ich ein Teil einer gelebten Utopie sein konnte. Denn wir brauchen dringend mögliche Formen von Utopien des Verzichtes, die als Gesellschaftsmodelle dienen und die Weiterentwicklung unserer Demokratie unterstützen.

Tobias, 31 Jahre Er ist immer in Begleitung seines Hundes bei den Protesten. Meist spricht er mit den Beteiligten und versucht zu deeskalieren.
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