A 49 – Text der Umweltverträglichkeitsstudie nachträglich geändert
Auf der aktuellen Jahreshauptversammlung der 1978 gegründeten Aktionsgemeinschaft Schutz des Ohmtals (Bürgerinitiative, eingetragene Verein und Naturschutzverband) wurde einstimmig beschlossen, folgende Information der Öffentlichkeit zugänglich zu machen:
Die Konflikte um die Autobahn A 49, speziell der größte Polizeieinsatz in Hessen (im Dannenröder Wald), haben die A 49 bundesweit bekannt gemacht. Erst jetzt, im Nachgang eines Gesprächs im Hessischen Wirtschaftsministerium wird Folgendes offenbar:
Im Auftrag der mit der Planung der A 49 befassten Ämter für Straßen- und Verkehrswesen Kassel und Marburg wurde am 20. Februar 1997 von der renommierten Planungsgruppe ÖKOLOGIE + UMWELT in Hannover eine
Umweltverträglichkeitsstudie in gedruckter Fassung veröffentlicht.
Wegen der großen ökologischen Problematik empfahlen die Gutachter, den Bau der A 49 nicht weiter zu betreiben. Schon damals monierte die Aktionsgemeinschaft, dass der Hessische Wirtschaftsminister Lothar Klemm die Öffentlichkeit nicht über dieses Fazit informierte. Nun stellt sich Folgendes heraus: Für das gerichtliche Verfahren zum Abschnitt Treysa (Schwalmstadt) – Stadtallendorf (sog. VKE 30) wurde den Gerichtsakten eine Fassung der Umweltverträglichkeitsstudie beigefügt (ebenfalls auf den 20. Februar 1997
datiert), in der die Empfehlung der Gutachter nicht mehr enthalten war. Auch an wenigen anderen Stellen war der Text des Gutachtens entschärft worden.
Wegen Rücknahme der Klage durch den BUND kam es zu keiner Gerichtsverhandlung.
2014 wurde das erste Gerichtsverfahren zur A 49 (Abschnitt Stadtallendorf – Gemünden/Felda = VKE 40) vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig abgeschlossen. Der von der Hessischen Straßenbauverwaltung als „Original der Umweltverträglichkeitsstudie“ bezeichnete, den Gerichtsakten beigefügte Text stellt sich nun als „Ergebnisbericht einer Zusammenfassung von UVS 1 und UVS 2 dar, ebenfalls von der gleichen Gutachtergruppe, datiert: 1994 bis 1999.
Den Mitarbeitern des Hessischen Wirtschaftsministeriums ist, wie sie betonen, die ursprüngliche Fassung der Umweltverträglichkeitsstudie nicht bekannt. Sie befindet sich also, obwohl sie gedruckt vorlag, nicht mehr in den Akten des Wirtschaftsministeriums. Daraus lässt sich nach Auffassung der Aktionsgemeinschaft nur folgender Schluss ziehen: Dem damaligen Hessischen Wirtschaftsminister Lothar Klemm passte das Fazit der Umweltverträglichkeitsstudie nicht. Er forderte die Gutachtergruppe auf, Änderungen vorzunehmen. Gleichzeitig (oder zumindest in großer zeitlicher Nähe) stellte er ihr den Auftrag zu einer UVS 2 in Aussicht. Durch sie sollte es möglich werden, doch noch einen Korridor für den Autobahnbau zu finden. Die erstellte Karte zeigte, dass es einen solchen Korridor de facto nicht gab.
Diese Karte ist allerdings nach Auskunft im Hessischen Wirtschaftsministerium nicht
mehr vorhanden. Alles deutet darauf hin, dass wohl noch in Zeiten von Wirtschaftsminister Klemm die wesentlichen kritischen Unterlagen beseitigt wurden.
Bekannt ist Folgendes: Der gesamte Autobahnabschnitt von Stadtallendorf bis Gemünden/Felda verläuft durch Wasserschutzgebiete der Zonen 2 und 3, die Autobahnauf- und -abfahrt Stadtallendorf-Süd liegt größtenteils innerhalb der Wasserschutzzone 2, die Eingriffe in das Flora-Fauna-Habitat Herrenwald wurden als schwerwiegend eingestuft, so dass von der Europäischen Kommission eine Stellungnahme zu zwingenden Gründen des überwiegenden Gemeinwohls einzuholen war. Es wird nicht mehr bestritten, dass sämtliche von der Kommission anerkannten konkreten Gründe nicht zutreffen.
Aber gegen eine Stellungnahme der Kommission kann nicht gerichtlich vorgegangen werden.
Die Aktionsgemeinschaft fordert die Hessische Landesregierung auf, sich zu den jetzt bekannt gewordenen Vorgängen zu äußern, auch wenn sie hierfür nicht verantwortlich ist.
Presserechtlich verantwortlich: Reinhard Forst, r-forst@web.de, 13.9.202