Wald-statt-Asphalt-Newsletter #9

Liebe Unterstützer*innen des Dannenröder Waldes,

hier kommt der Wald statt Asphalt-Newsletter für den Zeitraum bis 1. November mit Berichten über die Lage im Danni und zu zahlreichen Aktivitäten!

Was gibt es Neues aus der Besetzung?

In der zurückliegenden Woche wurde im Herrenwald gerodet. Die vor kurzem entstandenen Barrios Neuerdings und Überall sind geräumt. Underground wurde teilgerodet und existiert nun noch in kurzfristigen Baumbesetzungen. Aktuelles Ziel ist es, mit leichten Plattformen und hängenden Sitzen auf halber Baumhöhe auch mit wenigen Aktivisti die Stellung zu halten, die Rodungsarbeiten zu verzögern und Kapazitäten der Polizei und der Rodungstrupps zu binden. Dies hat bislang ganz gut funktioniert. Parallel dazu wurden die Barrios im Danni strukturell verfestigt und Solidaritätsaktionen in die Wege geleitet.

Auf politischer und medialer Ebene ist es weiterhin gelungen, den Widerstand der Waldbesetzung gegen die A49 und eine verfehlte Mobilitäts- und Klimapolitik erfolgreich im gesellschaftlichen Diskurs zu halten. Auch die Rechtsdebatte wurde mit einem Rechtsgutachten, das Greenpeace in Auftrag gegeben hat, neu belebt. Im Kern verweist die Studie darauf, dass die Auswirkungen der Rodung und der Überbauung nicht ausreichend untersucht und Wasserrechtliche Fragen vom Umweltministerium nicht abschließend geklärt wurden. Außerdem sei der Planfeststellungsbeschluss von 2012 überholt, da die Auswirkungen des Autobahnbaus auf das globale Klima unrealistisch abgebildet wurden, insbesondere angesichts der Trinkwassernotstände in Hessen der Jahre 2018 und 2020.

In der allgemeinen Debatte befinden sich inzwischen so viele wohlbegründete Argumente für einen Stopp der A49, oder mindestens ein Moratorium zum Überdenken von Alternativen, dass es schon anachronistisch anmutet, dass die Landesmitgliederversammlung der Hessischen Grünen am 25. Oktober mit 407 von 460 Stimmen dem Antrag der Parteiführung folgte und sich zwar von Bau der A49 distanzierte, aber ansonsten auf den Bund verweist. Nichts Neues also bei Tarek Al-Wazir und seiner schwarz-grünen Koalition.

Am Sonntag fanden sich wieder rund 1500 Menschen zum Waldspaziergang, der Kundgebung und zur Menschenkette ein. Verbunden mit rot-weißen Flatterbändern wurde gegen die Rodung eine rote Linie gezogen.

Bemerkenswert war die hohe Disziplin, mit der die Versammlung auf dem Danneröder Sportplatzt unter Corona Abstandsbedingungen und Maskenpflicht auf dem ganzen Gelände durchgeführt wurde.

Der Samstag stand thematisch mit Vorträgen und Diskussionsrunden im Zeichen des Feminismus. Katharina Hoppe und Viona Hartmann von der Goethe-Universität Frankfurt referierten unter dem Motto „Patriachart räumen, Wald bewahren“ über transnationale feministische Perspektiven und ihre Forderungen nach Klimagerechtigkeit. Es wurde die Geschichte des Feminismus, seine  thematischen Grundströmungen und die starke Verbindungen zur Ökologie erläutert. Aus der Frauenfriedensbewegung Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten sich in der Folge Forderungen nach Gleichheit und Teilhabe, Gesundheit, Arbeitsrecht und Schutz vor Gewalt. Konsequenterweise erwuchs daraus aber auch eine grundsätzliche Kritik ökonomischer Verhältnisse und die Forderung nach Postwachstumsmodellen, eine Priorität von Ökologie und der Dekonstruktion überholter Ideen und Vorstellungen.

Die Aktionsgruppe Red Rebels begleitete die Aktionen am Samstag mit einer beeindruckenden Performance. Schon der Weg in den Herrenwald glich einem Kunststück. Die Polizei immer im Rückspiegel, fuhren sie in mehreren Fahrzeugen auf Umwegen in die gerodete Schneise.

Abseilaktion: am Montag, 26. 10. seilten sich in den frühen Morgenstunden zeitgleich Aktivisti von drei Autobahnbrücken ab. Auf den Autobahnen A3, A5 und A661 entstehen Staus. Neben der medialen Aufmerksamkeit führte dies vor allem dazu, dass sich die Rodungsarbeiten im Herrenwald um viele Stunde verzögerten, da die Polizeibegleitung fehlte. Im Moment zählt jeder Tag, an dem die Rodungen nicht vorankommen.

Für alle, die es in Erwägung ziehen, sich aktiver bei der Waldbesetzung mit einzubringen, ist vielleicht das Urteil des VGH Kassel interessant. Das VGH formuliert lakonisch: „Ein generelles Verbot von Versammlungen ist voraussichtlich rechtswidrig.“ Folgerichtig ist (so das VHG) „die Bildung von Menschenketten um Harvester, Hebebühnen, Räumgeräte und Baumhäuser erlaubt“.

Auch in der Küfa (Küche für alle) werden weiterhin Menschen gesucht, die mithelfen. Nachdem in der letzten Woche das gesamte Küchenteam vorsorglich ausgetauscht wurde, da im Umfeld der Crew ein Mensch positiv auf Corona getestet wurde, hat sich die Versorgungslage für Barrios und Camps jetzt wieder eingespielt. Die Küchen-Crew befand sich jedoch teilweise am Limit. Wer also in den kommenden Tagen etwas Zeit übrig hat, sollte sich unter 0178 373 2535 melden und Hilfe anbieten. Es wurde ein Buddy-System eingeführt, das neuen Menschen den Weg in die bewusst hierarchiefreie Crew erleichtert. Wer am Wochenende plant, im Camp zu sein kann auch freitags gegen 21.00 Uhr am Küchenplenum teilnehmen und sich einteilen lassen. Besonders erwünscht sind Menschen, die für mehr als einen Tag mitarbeiten möchten.

Nach wie vor ungebrochen ist die überwältigende Bereitschaft, Lebensmittelspenden in die Küfa zu bringen. Zuletzt wurden z.B. eine halbe Tonne Tofu und eine halbe Tonne Kartoffeln gespendet, für die dann schnell Plätze im Scheunenlager gefunden werden mussten. Nachbar:innen lieferten die Ernte von Obstbäumen, Kuchen und Brotaufstriche. Insbesondere der liebevoll gebackene Kuchen sorgt immer wieder für Begeisterung – vor allem, wenn er vegan gebacken ist.

Bundesweite Aktionstage Wald statt Asphalt

Hintergrundüberlegungen zu den Aktionstagen

Die Rodungen und Räumungen für die A49 haben begonnen. Bis jetzt fanden die Argumente der Waldbesetzung in der Berichterstattung ein überwiegend positives Echo. Die Kritik an den Grünen, der Landes- und der Bundesebene ist inzwischen ein Selbstläufer. Die Forderung, die A49 nicht zu bauen, werden wir darum nun auf die nächste Ebene heben. Wir wollen erreichen, dass der Bundesverkehrswegeplan hinsichtlich seiner Klimaschädlichkeit grundlegend überprüft wird. Autobahnen müssen sogar komplett auf den Prüfstandgestellt werden. Dafür müssen Andreas Scheuer und die CDU direkt angesprochen werden! Das wollen wir während der europäischen Verkehrsminister:innenkonferenz, die vom 29.-30.10. online stattfindet, lautstark tun. Zeigen wir, was wir von der aktuellen Verkehrspolitik halten! Also rauf aufs Fahrrad und radeln für die Mobilitätswende! Oder an einer der lokalen Aktion am 29. Oktober teilnehmen.

Weiterführende Links:

https://www.eu2020.de/eu2020-en/events/-/2352872 https://www.consilium.europa.eu/de/meetings/tte/2020/10/29/ https://www.bmvi.de/DE/Themen/Mobilitaet/InfrastrukturplanungInvestitionen/Bundesverkehrswegeplan-2030/bundesverkehrswegeplan-2030.html

Fahrraddemos 31. Oktober (Geisterfahrt auf der A49)

+++ vorerst letzte Fahrraddemo(s) mit Autobahn-Beteiligung zum Danni +++
zahlreiche Verbände unterstützen die Mobilisierung +++ Verhandlungen noch nicht komplett abgeschlossen +++ Demos aus Kassel und Gießen sind geplant, Zustieg auf der Strecke möglich  +++ Bitte weitere aktuelle Infos beachten, da noch Auflagen zu befürchten sind +++

Die Fahrraddemo aus Gießen ist vom Regierungspräsidium Gießen im Grundsatz zugesagt. Sie wird vom Bahnhofsvorplatz starten und die Route über die A 485 und die B3, in der Folge über die Stadtautobahn Marburg und die B62 bis zum Sportplatz Dannenrod nehmen.


Für die Fahrraddemo ab Kassel sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen. Das Regierungspräsidium Kassel hat keinerlei Kooperationsbereitschaft für eine Demo über die A49, sofern sie länger als 5km auf der Autobahn stattfindet. Wir fahren aber in jedem Fall!

Streckeninfos:

Start in Kassel um 9.00 Uhr am Hauptbahnhof (Gesamtstrecke von hier aus ca. 90km)

Start in Gießen um 10.00 Uhr am Hauptbahnhof

Zustiegsmöglichkeiten:

11.45 Uhr Anschlußstelle Frohnhausen / Ebsdorfer Grund

13.00 Uhr Anschlußstelle Marburg

14.15 Uhr Anschlußstelle Kiesgrube Niederwald (Kirschhain)

15.30 Uhr Ankunft Danni (Gesamtstrecke ab Gießen ca.60 km)

Es werden noch vorbereitete Redebeiträge, erfahrene Ordner:innen und alle Formen von kreativer Eigeninitiative benötigt. Meldet euch unter: verkehrswende@obscuro.cc

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