Demo und „Offene Anklage“ von Rechtsbrüchen bei Planung und Bau der Bundesautobahn A49 in Wiesbaden

Am 9. Juli 2021 lud ein breites Bündnis aus Aktivistinnen, Anwohnerinnen und Umweltschutzverbänden zu einer Demonstration mit Kundgebungen vor dem Hessischen Wirtschafts- und Justizministerium in Wiesbaden ein. Die rund zweistündige Veranstaltung begann um 11 Uhr am Hauptbahnhof. Eine offene Anklage machte auf die rechtliche Schieflage und Ungerechtigkeit bei Planung und Bau der A49 aufmerksam und forderte einen sofortigen Baustopp.

„Legal, illegal, scheißegal“?

Teil der Veranstaltung war eine Theaterperformance zur Verurteilung der als „Ella“ bekannt gewordenen Klimaaktivistin, deren harte Verurteilung für ihren Einsatz zum Schutz der menschlichen Lebensgrundlagen im Kontrast zu zahlreichen folgenlosen Rechtsbrüchen bei der Planfeststellung und dem Weiterbau der A49 steht.

Die Fakten sind schon länger bekannt: Die voranschreitende Klimaerwärmung ist wesentlich auf CO2-Emissionen durch Verbrenner-Motoren und Nutzungsanreize hierfür zurück zu führen. Auch die „Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021“ vom 16.6.2021 belegt einmal mehr, dass es kein „Weiter so“ mehr geben darf, denn: Die Hütte brennt!

Und mitten in Hessen wird noch eine Schippe drauf gelegt

Nachdem zunächst die Bundesregierung der Europäischen Union falsche Informationen zukommen ließ, um sich über den Schutzstatus der durch den A49-Bau betroffenen Gebiete hinwegsetzen zu können, sah die EU danach großzügig über Übersetzungsfehler, falsche Daten und methodische Mängel hinweg. Eine dramatische Gefährdung unseres Grundwassers und intakter Naturräume sind nun die Folge.

Angesichts der Klimakatastrophe kann es keine Legitimation mehr für die Zerstörung jahrhundertealter Biotope geben. Doch nicht einmal die juristische Basis des A49-Baus hat Bestand. Dieser Affront gegen die Bevölkerung und zukünftigen Generationen mündet in Leid durch die Folgen des Ausbaus. Welch eine Verantwortungslosigkeit der in der Pflicht stehenden
Politiker!

Alle für den Ausbau der A49 rechtlich notwendigen „zwingenden Gründe öffentlichen Interesses“ sind ausnahmslos nichtig

Alle für den Ausbau der A49 rechtlich notwendigen „zwingenden Gründe öffentlichen Interesses“ sind ausnahmslos nichtig – entweder falsch übersetzt, methodisch inkorrekt oder schlichtweg gelogen. Dennoch ist diesem nachweislichen Skandal bis heute kein Rücktritt gefolgt: Bundesminister Andreas Scheuer (CSU), dessen Haus für den Bundesverkehrswegeplan zuständig ist, der aber nichts mit dem Bau zu tun haben will, ist noch immer im Amt. Tarek Al Wazir (Verkehrsminister in Hessen, GRÜNE) bestreitet bis heute, dass er Möglichkeiten zur Erwirkung eines Baustopps besäße, obgleich auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages dies in seiner Stellungnahme zum Bau von Bundesfernstraßen vom 2.Dezember 2020 widerlegte.

Das einzige prominente gesprochene Gerichtsurteil im Zusammenhang mit der A49 richtet sich gegen die als Ella bekannt gewordene Klimaaktivistin und wirft mit der Haftstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten bei intransparenter Beweislage zahlreiche Fragen auf. Das unverhältnismäßige und politisch geprägte Urteil versinnbildlicht die Absurdität der Justiz: Umweltaktivistinnen werden kriminalisiert und zugleich die zerstörerische Politik geschützt, die inmitten der Klimakrise fossile Mobilität fördert.

Währenddessen gehen Rechtsbrüche der Baugesellschaften auf der Trasse weiter

Diese ziehen sich vom Planungsverfahren bis zum heutigen Bau: die Baugenehmigung für ein „Logistikzentrum“ inklusive Versorgungsleitungen liegt nicht vor; über den von der Polizei angeführten Grundsatz „Sicherheit vor Schnelligkeit“ wurde Ende 2020 hinweggesehen; schon während der Rodungen wurden Journalistinnen sowie kirchliche und parlamentarische
Beobachterinnen an der Ausübung ihrer Berichterstattung gehindert; entgegen den Vorgaben im Planfeststellungsbeschluss von (2012. sic) wurden im Wasserschutzgebiet an der Joßklein Baustraßen angelegt; außerdem wird die gerodete Trasse noch immer nachts hell erleuchtet, was insbesondere den vorgesehenen Schutz von Fledermäusen missachtet; ebenfalls entgegen der Vorgaben der Feldwegesatzung der Stadt Homberg §4.3 genehmigte die Bürgermeisterin die Nutzung von Feldwegen ohne Beteiligung des Magistrats; zudem wurde ohne Verfügungsrecht über ein Grundstück mit dem Bau eines Brückenpfeilers im Wasserschutzgebiet begonnen; auch wurden keine Proben zu verschiedenen im Gelände dokumentierten Giftstoffen entnommen.

Seit 40 Jahren kämpft auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen den lobbygetriebenen Weiterbau der A 49, die von Nordhessen bis in den mittelhessischen Vogelsberg reicht. Zwei Mal ist der BUND bis zum Bundesverwaltungsgericht gegangen und beide Male stand die Entscheidung für den Autobahnbau auf des Messers Schneide. Der BUND kritisierte insbesondere, dass durch die geplante Autobahntrasse bedeutende und vor allem alte Waldgebiete zerstört, sowie europäische Naturschutzgebiete erheblich beeinträchtigt und ein bedeutendes Trinkwasserschutzgebiet gefährdet werden. Dabei zeigte der Verband Alternativen zur Rodung der 85 Hektar des 250 Jahre alten Mischwalds im Dannenröder Forst, des Maulbacher Waldes und des geschützten Herrenwaldes auf: So könnten „statt über 30 km Autobahnneubau 10 km Bundesstraße“ gebaut werden (www.stoppa49.de).

Der Kampf um die A49 und um den Danni ist zum Weckruf für die Dringlichkeit der Mobilitätswende geworden

Der Neubau von Autobahnen war schon lange ein verkehrspolitischer Irrweg – im Angesicht der Klimakatastrophe wird er zur Gefahr für die längst überfällige Mobilitätswende: Jeder Euro für den Autobahnbau fehlt bei den Verbesserungen der Schiene, für neue Radwege und für sozial- und klimagerechten Nahverkehr. Jeder Euro für neue Autobahnen ist eine Investition in die Vergangenheit und ein Euro gegen unsere Zukunft! Jeder Quadratmeter Asphaltfläche bringt mehr Autos auf die Straße, mehr CO2 in die Luft und unterstützt diejenigen Technologien, die unsere Zukunft bedrohen.

Es geht nicht um irgendwelche Naturflächen, sondern um Natura2000-Habitate, die laut EU-Kommission schützenswertesten Naturgebiete Europas! Der Weiterbau der A49 gefährdet zudem das Trinkwasser für 500.000 Menschen im Rhein – Main – Gebiet.

In dieser Gemengelage wurde „Ella“ zur Zielscheibe der politischen Einschüchterung. Das gefällte Urteil trifft damit die gesamte Klimagerechtigkeitsbewegung. Klimaschutz ist kein Verbrechen – Umweltzerstörung schon! Aktivistinnen werden verurteilt – wieso also nicht Politikerinnen, die sehenden Auges das Leben von Millionen Menschen gefährden?

Das gefällte Urteil trifft damit die gesamte Klimagerechtigkeitsbewegung

Das Bundesverfassungsgericht hat jüngst bestätigt, dass effektive Maßnahmen jetzt umgesetzt werden müssen, um spätere radikale Umbrüche zulasten jüngerer Generationen zu verhindern. Eine Landschaft zu asphaltieren, die Jahrhunderte alte Biotope erhält, beschleunigt die Krise. Damit eine sozial- und klimagerechte Mobilitätswende ermöglicht wird und alle geplanten und im Bau befindlichen Maßnahmen klimakonform auf den Prüfstand gestellt werden können, ist ein Moratorium zum Bundesverkehrswegeplan unabdingbar. Ein Stopp aller zukunftsgefährdenden Bauvorhaben ist notwendig und muss umgehend erfolgen. Verantwortliche politische Entscheidungsträgerinnen müssen sich ihrer Rolle zum Dienste der Menschen endlich bewusst werden und in tragfähiges Handeln kommen!

Zur Teilnahme riefen unter anderem auf

  • das Bündnis „Wald-statt-Asphalt“
  • das bundesweite Netzwerk Danni-lebt AG
  • die Anwohner*innen der geplanten Trasse
  • Solidaritätsgruppe A49-und-Klimazerstörung-Stoppen! Südhessen
  • die Dannieltern
  • Parents4Future Danni-AG
  • Workers4Future Mainz/Wiesbaden
  • der Infoladen Wiesbaden
  • BUND Vogelsberg
  • BUNDjugend Hessen und
  • BUNDjugend Rheinland-Pfalz

Pressekontakt

Christian Endres
Tel: 0177-8900177,
Mail: Pressemauli@gmail.com

Quellen und Belege

  • https://www.danni-lebt.de/
  • https://wald-statt-asphalt.net/
  • https://www.stopp-a49-verkehrswende-jetzt.de/
  • https://www.bund-hessen.de/waelder/keine-a-49-dannenroeder-forst-retten/
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