
Wald-statt-Asphalt-Newsletter #14
Liebe Unterstützer*innen des Dannenröder Waldes,
hier kommt ein langer Wald statt Asphalt-Newsletter für den Zeitraum bis 17. November mit Berichten über die Lage im Danni und zu zahlreichen Aktivitäten! Es ist viel passiert.
Die Räumung
In der zurückliegenden Woche hat sich durch die Räumung viel im Danni verändert. Wer am Sonntag von der malerischen Hauptstraße Dannenrods auf das Gelände des Camps abbog, bemerkte diese Veränderung augenblicklich. In einem großen Halbkreis standen dicht an dicht bis zum Horizont die Polizeifahrzeuge. Die angrenzenden winterlichen Äcker wurden zur bewachten Sperrzone erklärt. In der Luft kreiste ein Helikopter. Am Waldrand türmte sich das neu eingerichtete Polizeicamp aus übereinandergestapelten Containern, mit Absperrungen und Nato-Draht umzäunt, in die Höhe. Eine schwarze Silhouette schwer bewaffneter Polizeieinheiten schlängelte sich in Doppelreihen von dort in den Wald hinein.
Ein Sonntag im November
Zur wöchentlichen Kundgebung mit anschließendem Waldspaziergang strömten die Menschen ab 14:00 Uhr nichtsahnend herbei. Es war ein sonniger Tag und viele Freundinnen und Freunde des Waldes hatten sich zu einem solidarischen Sonntagsspaziergang aufgemacht: Gut gelaunte Menschen aller Altersstufen, Familien mit Kinderwagen und Hund, Senior:innen mit nordic walking Stöcken, zwei dreijährige Zwillinge in Schneeanzügen mit Dinos drauf, eine Wandergruppe schenkte sich Zitronenlikör in mitgebrachte Pinnchen ein… Doch die Idylle hielt nicht lange. Nach wenigen Gehminuten in den Wald fanden sich alle in einem völlig irrationalen Szenario wieder.
Das Polizeiaufgebot galt dem Schutz der Rodungsmaschinen, die erstmalig auch am Sonntag auf der Trasse im Einsatz waren. Die Begegnungen mit der schwer bewaffneten Polizei, ganz in Schwarz, mit Helm, Visier und Schienbeinschonern war für viele Menschen ein Schock. „Was glauben sie, gegen wen sie hier zu Felde ziehen?“, fragten sich viele. „Wir sind doch normale Leute, die zu einer Kundgebung gehen“, meinte einer. „Das ist ja wie im Krieg hier“, eine andere. „Wo sind wir hier gelandet?“, eine dritte. Ja, diese Frage war berechtigt.
Nach vielen Stopps und Umgehungen der Polizeiketten gelangten die solidarisch Spazierenden, an vielen durch Aktivisti besetzten Bäumen und Tripods vorbei, bis an die Trasse heran. Doch dieser Sonntag stand nicht im Zeichen der Aktivisti. Für sie sind die Begegnungen mit der Polizei längst Alltag. Für die anderen war dies neu. Vor allem, weil niemand damit gerechnet hatte. Stummer Zorn stand auf vielen Gesichtern. Kopfschütteln allerorten. Gesänge kamen auf. Mit erhobenen Händen näherten sich Gruppen von Menschen bis auf wenige Zentimeter den Polizeieiketten. Spannung lag in der Luft. Aber es blieb ruhig, auch wenn sicher viele in Gedanken den Schritt durch die schwarzen Reihen in Erwägung zogen.
Einige hundert Meter weiter dröhnte aus einem Bulli laute Musik. Die Rolling Stones tauchten mit Sympathy For The Devil den Wald in Festivalatmosphäre. Auf einer dünnen schwankenden Erle winkte eine Aktivistin den Leuten zu. Unruhe entstand, weil an den Absperrbändern gezogen wurde. In Mick Jaggers markantes whoo, whoo des Refrains tönte eine Polizeiansage hinein: „Hier entstehen gerade leichte Rangeleien. Bitte treten Sie zurück! Wir vergrößern die Sicherheitszone. “ „Wahnsinn“, dachten viele und schüttelten den Kopf…
Die Unfälle
Doch es wurde noch bitterernst an diesem Sonntag: die Polizei durchtrennte, wenn auch unabsichtlich, eine Traverse an der einer der Aktivisti hing. Der Mensch stürzte fünf Meter in die Tiefe und wurde verletzt in ein Krankenhaus gebracht. Hinzueilende Sanitäter:innen des Camps wurden nicht an den Unfallort durchgelassen. Für Ermittlungszwecke wurde das Gebiet als Tatort abgesperrt, und die Polizei bedauerte offiziell den Vorfall. „Wahnsinn“, dachten auch viele Aktivisti… “Gibt es kein Sicherheitskonzept für die Räumung?“
Inzwischen geht es der Person den Umständen entsprechend gut. Sie befindet sich wegen zweier Wirbelbrüche in einer Klinik in Braunfels. Dort wird sie von der Polizei abgeschirmt. Sie wandte sich Hilfe suchend an den Ermittlungsausschuss in Gießen, um anwaltliche Hilfe zu erhalten. Der diesbezüglich beauftragte Rechtsanwalt konnte jedoch bis heute keinen Kontakt mit ihr aufnehmen.
Leider ereignete sich am Montag ein weiterer vergleichbarer Unfall. Wieder wurde eine Traverse gekappt und ein Mensch stürzte in die Tiefe. Zum Glück gab es eine zweite Sicherung, sodass der Sturz noch vor dem Boden abgefangen wurde.
Die neue Normalität
Was gibt es noch zu berichten? Eine neue Normalität breitet sich im Danni aus. Das Leben mit der Räumung und den permanenten Einsätzen der Polizei wird auch im Danni zur Routine. Um jeden Meter und jedes Baumhaus wird täglich gerungen. Was am Tage geräumt wird, entsteht in der Nacht in vielen Teilen neu. Die Barrios in den Tiefen des Waldes werden stabilisiert und für den Winter gedämmt.
Der Stresslevel steigt täglich. Polizeieinheiten zu Fuß, in Fahrzeugen oder auf Pferden durchkämmen regelmäßig den Wald, das Camp und auch die umliegenden Ortschaften. Auf ihrem Weg zerstören sie Barrikaden und Tripods, schneiden in den frühen Morgenstunden Zelte auf, in denen noch geschlafen wird. Menschen werden vorübergehend wegen Landfriedensbruch verhaftet und wieder frei gelassen. Die Nachtruhe wird immer noch mit Flutlicht gestört. Auch die Flächen, die für Veranstaltungen offiziell genehmigt sind, werden ohne Grund von der Polizei betreten. Eine Landwirtin wurde von der Polizei ihres eigenen Grundstücks verwiesen, als sie nach Schäden schauen wollte.
Die Gemeinschaft
Dennoch wird die Stimmung im Camp und in den Barrios weiterhin von der Gemeinschaft getragen. Ideale der Hierarchiefreiheit, der Gemeinsamkeit und des sensiblen Umgangs untereinander und mit der Umwelt bilden den stabilen Kern der Bewegung. Täglich kommen neue Menschen mit frischen Ideen und frischer Kraft in den Wald. Das Spendenaufkommen steigt kontinuierlich. Die Küfa (Küche für alle) nimmt täglich Lebensmittel in Empfang. Selbst gebackener Kuchen wird geliefert. Ein Nachbar holt dreckige Handtücher ab und bringt einen ganzen Korb frische. Eine Gartengruppe aus Marburg schenkt regelmäßig Apfelpunsch aus. Eine Freundesclique backt in einem selbst gebauten Ofen Pizza. In der kleinen Fachwerkkirche des Dorfes finden freitags Gebete für eine gute Lösung des Konfliktes um die A49 statt. Im ortsansässigen Gasthof bildet sich ein Workspace mit Internetzugang für die vielen Studierenden, die ihr Studium wegen Corona online wahrnehmen. Die Solidarität ist überwältigend.
Aber sie wird auch dringend gebraucht. Dreizehn Monate ist der Danni inzwischen besetzt. Der zweite Winter verlangt seinen Preis an Kraft und Durchhaltevermögen. Corona erschwert zudem alle Aktivitäten und dämpft die Lebensfreude.
Die „Dannieltern“ planen eine Nikolausaktion, bei der Päckchen für den 6. Dezember gepackt und in den Wald geschickt werden sollen. Im nächsten Newsletter geben wir eine Adresse und eine Packliste an. Bitte unterstützt die Aktivisti mit einer persönlichen Geste, indem Ihr einen Brief zu den Päckchen legt. Wir werden am 6. Dezember einige davon vorlesen.
Die Mahnwachen
Von den Mahnwachen aus habt ihr die wichtigen Waldeingänge im Blick, kommt schnell zur Trasse und seid eine sichere Anlaufstelle für Aktivisti. Alle Mahnwachen sind offiziell als Kundgebungen angemeldet. Bei Fragen meldet euch dort gerne auch direkt. Unterstützung wird dort immer gebraucht. Wir freuen uns über jede, der dort Aufgaben übernehmen möchte.
🏕 Schmitthof 015228581113
🏕 Am Trieb 015213240296
🏕 Niederklein 015737179342
🏕 Lehrbach 015212140783
Die Küche für alle
Die großartige Küche für alle, beim Gasthaus Jakob in Dannenrod, direkt neben dem Camp, braucht wie immer viele Hände zum Schnippeln, Spülen, Kochen aber vor allem auch Koordination und Teamwork. Sie haben täglich mehr Menschen zu versorgen. Info unter: 01783732535
Auch in der Küfa kommt die Räumungssituation inzwischen an. Für viele dort ist das eine belastende Situation. „Wir fühlen uns bedroht, wenn die Polizei aufmarschiert.“ Denn gerade die Aktivisti in der Küche wollen bewusst keinerlei Auseinandersetzung mit der Polizei.
Aktuell benötigt die Küfa vor allem lebensmittelechte Eimer mit Deckel. Fragt doch einmal bei einer Pommesbude in Eurer Nähe nach. Sie haben solche Eimer für Ketchup und Mayonnaise.
.
Helft mit, den Newsletter zu vergrößern!
Wir möchten die Reichweite unseres Newsletters vergrößern. Bitte helft dabei mit und leitet unseren Newsletten an Interessierte weiter. Um den Newsletter zu abonnieren, schickt Ihr einfach eine leere Mail an: wald-statt-asphalt-newsletter-subscribe@lists.riseup.netAktivitäten am Wochenende
Zum Zeitpunkt des Newsletter-Versands stand das Programm für das Wochenende noch nicht konkret fest. Für die Sonntage gilt jedoch in der Regel immer, dass ab 13.00 Uhr ein Bühnenprogramm beginnt und um 14.00 Uhr die Kundgebung mit anschließendem Waldspaziergang stattfindet. Für Aktualisierungen schaut bitte auf die Homepage https://wald-statt-asphalt.net/de/camp/
Sa, 21. November
- 12.00 Uhr Demonstration von Greenpeace Mainz-Wiesbaden für den Danni. Mauritiusplatz , es sprechen u.a. „Anwohner gegen die A49“
So, 22. November
· 13:00 Uhr Bühnenprogramm
· 14:00 Uhr Waldspaziergang mit anschließender Laternen-Aktion (bitte gerne auch eigene Laternen mitbringen)
Weitere Möglichkeiten, aktiv zu werden
Sachspenden für die Barrios
Es werden dringend folgende Spenden benötigt, damit Aktivist:innen den Einsatz der Polizei im Danni dokumentieren können sowie eine Öffentlichkeit für deren teils grob fahrlässiges Handeln geschaffen werden kann.
- Internetfähige Smartphones
- Sim-Karten (am liebsten bereits registrierte, gerne auch unregistrierte im Zweifelsfall – mit Vodafone funktioniert der Empfang am besten, zB. Aldi Talk oder CallYa)
- Passende Guthaben für die Sim-Karten
- Powerbanks (und passende Ladekabel dafür)
- Verbindungsladekabel Powerbank zu Handy
- Actionscams / Go-Pros
Beschwerden einreichen
Schreibt an Eure lokalen Politiker:innen, an Landes- und Bundestagsabgeordnete eine Beschwerde, zu dem gigantischen Polizeieinsatz von mehreren tausend Polizisten aus ganz Deutschland in der sich verschärfenden Coronalage. Bei den Räumungen sind Abstände nicht haltbar und gefährden alle Beteiligten. Dabei könnt Ihr auch gerne Eurem Protest gegen den Bau der A49 Ausdruck verleihen.
Camp
Es gibt immer einige kleine und große Aufgaben, die Menschen hierübernehmen können. Kommt rum und meldet euch am Infopunkt! Mehr Infos über Programm und Camp findet ihr hier: https://t.me/waldstattasphalt_camp
Küfa – Küche für alle braucht regelmäßig Unterstützung
Die Küfa versorgt das Camp, die Barrios und die Besucher:innen mit leckerem veganen Essen! Hier werden immer Menschen gesucht, die ab frühen Nachmittag beim Kochen Gemüse schneiden und vor allem auch beim Abwaschen des Geschirrs helfen.
Was kann ich machen, um dem Wald zu helfen?
Widerstand geht weiter und braucht euch! Also kommt vorbei und lernt Baumhäuser zu bauen und zu klettern. #aTreehouseadayKeepsTheChainsawsAway. Im Wald könnt ihr weiterhin helfen, die Widerstandsstrukturen und Barrikaden zu verdichten. Menschen freuen sich über viele helfende Hände und geben gerne ihr Wissen weiter.
Aktionsgruppe für Eltern und andere Personen
Bitte meldet Euch für eine Vernetzung unter Dannieltern@gmx.de . Aktuell planen wir Aktivitäten für den 6. Dezember und suchen gerne noch Unterstützung.
Wichtige Links
Alles über das Camp erfahrt Ihr hier: https://wald-statt-asphalt.net/de/camp/
Anreise und weitere Informationen: www.dannenroederwald.org
Mahnwache Dannenrod: https://www.xn--mahnwache-dannenrderforst-fsc.de/
Aktionsbündnis: https://www.stopp-a49-verkehrswende-jetzt.de/
SMS Räumungs-Verteiler: https://keinea49.netzguerilla.net/smskeinea49
Twitter Account der Besetzung: https://twitter.com/keinea49
Telegram Info-Channel zum Dannenröder Wald: https://t.me/DanniSoli
Email Besetzung: waldstattasphalt@riseup.net
Email Bündnis: waldstattasphaltbuendnis@riseup.net

