Nach der Räumung: Die Aktivist*innen aus der Wuhlheide sind wütend, enttäuscht – und triumphieren dennoch

„Das Verbot und die Räumung unseres legitimen Protests war unrechtmäßig und unverhältnismäßig brutal“, sagt Rosa, eine Aktivistin aus dem Baumhaus Freitraum. Am frühen Mittwochmorgen wurde die Waldbesetzung Wuhlheide durch den Besuch mehrerer Mannschaftswagen der Polizei, inklusive schwerem Räumungsgerät und Hebebühnen, geräumt. Die angemeldete Versammlung wurde mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Rechtsmittel hatten somit keine aufschiebende Wirkung. Begründet wurde dies damit, dass die Besetzung angeblich eine Gefährdung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2, GG) von Unbeteiligten darstellte. Eine solche Gefährdung lag zu keinem Zeitpunkt vor. Die Begründungen für die angebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit scheinen an den Haaren herbeigezogen: Die Besetzerinnen haben Baumhäuser baumschonend eingebunden, kletternde Personen waren gesichert, sanitäre Anlagen waren bereits in Besorgung, Hindernisse wurden markiert. Alle Bedenken zu Gefährdung von Person und des Wasserschutzgebietes sind damit unbegründet. Ein Straßenbau hingegen hat verheerende Folgen für Gesundheit von Menschen und Natur. Es stellt sich die Frage, wie politisch motiviert die Auflösung der Versammlung war.

Das Verbot und die Räumung unseres legitimen Protests war unrechtmäßig und unverhältnismäßig brutal.

[Rosa, Aktivistin]

Laut dem Berliner Versammlunsgfreiheitsgesetz setzt ein Verbot voraus, dass Beschränkungen nicht ausreichen, um eine Gefahr abzuwenden. Folglich sollten erst Gespräche und Auflagen ermöglicht werden. Die Polizei und auch das Verwaltungsgericht unterstellen den Besetzer*innen, nicht gesprächsbereit gewesen zu sein. Jedoch bestand ständige Kontaktmöglichkeit für die Polizei zu der Versammlungsleitung, sowohl vor Ort als auch telefonisch. Einige Besetzer*innen betonten, nicht mit einer gewalttätigen Institution – der Polizei – zusammen arbeiten zu wollen. Insbesondere in der einschüchternden Situation am Mittwochmorgen wurden wiederholte Kommunikationsversuche durch die Versammlungsleitung an die Polizei gerichtet und konsequent ignoriert.

Die Polizei hatte heute ein klares Ziel: trotz des friedlichen Protests die Law & Order Politik der schwarz-roten Regierung konsequent und mit viel Abschreckung und Schikane gegenüber Klimaaktivist*innen durchzusetzen.

[Ferat Koçak, parlamentarischer Beobachter]

Ferat Koçak, parlamentarischer Beobachter vor Ort und klimapolitischer Sprecher von “Die Linke” im Abgeordnetenhaus, findet folgende Worte für die Situation: “Die Polizei war weder kooperativ noch gesprächsbereit. Auch die Versuche als parlamentarischer Beobachter zu vermitteln wurden von der Polizei nicht angenommen. Die Polizei hatte heute ein klares Ziel: trotz des friedlichen Protests die Law & Order Politik der schwarz-roten Regierung konsequent und mit viel Abschreckung und Schikane gegenüber Klimaaktivist*innen durchzusetzen.”

Trotz des negativen Bildes, das die Polizei Berlin zeichnet, war der Protest erfolgreich. Zahlreiche Anwohner*innen haben sich solidarisiert, ein Ort des Austauschs wurde geschaffen und das Straßenbauprojekt TVO ist in den öffentlichen Dialog eingezogen. “Die Wuhlheide ist für meine Kinder und mich ein Ort der Erholung und Naturverbundenheit. Meine Kinder kennen schon genug Straßen. Wir brauchen die Bäume mehr als Straßen, zumal jedes Jahr mehr Bäume wegen Wassermangels sterben und wir jeden gesunden Baum erhalten müssen.” schreibt Katja, 36, aus Oberschöneweide.

Wuhli bleibt!

Siehe auch Wuhlheide erhalten! Neue Waldbesetzung in Berlin

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